Das "Kirwag'wand"

von Martha Pruy, Kreisheimatpflegerin

16 Kirwaburschen in schwarzen Hosen, weißen Hemden, mit Hosenträgern und Hüten posieren auf Strohballen.

Vom Sonntagsg'wand zum Partydirndl

„Kirwa, Kirwa im Amberg-Sulzbacher Land, wer hod as schöinste Kirwagwand?“

 „Kirwa“ ist keine x-beliebige Party sondern überlieferte Tradition. Es ist das Fest und der Höhepunkt des Jahres für die Bevölkerung und wird gemeinsam unter Federführung des Oberkirwapaares von der örtlichen Jugend vorbereitet und durchgeführt.

Früher gab es kaum Vorgaben für die Bekleidung der Kirwaleit. Doch immer mehr Kirwagesellschaften legen Wert auf eine Kleiderordnung, wie einheitliche T-Shirts, Hüte… Beim Kirchenzug oder „Kirwabaamastanzn“ erwarten die vielen Zuschauer eine Trachtenbekleidung bei den Kirwapaaren.

Schon von weitem sind in Freudenberg die Kirwaburschen an ihren mit Blumen geschmückten Hüten und die Moidln an den Blütenkränzen im Haar zu erkennen. Vielerorts kaufen sich die „Kirwaboum“ kurze oder knielange Lederhosen mit und ohne Hosenträger von der Stange, dazu Haferlschuhe und Trachtenhemden. Mancher „Bou“ tanzt sogar in Turnschuhen um den „Kirwabaam“. In minikurzen Partydirndln, ganz nach dem letzten Schrei der jeweiligen Oktoberfestmode, dazu mit Lederstiefeln oder hochhakigen Schuhen feiern viele Kirwamoidln am Kirchweihsonntag das Patrozinium. Kirwa war und ist schon immer eine willkommene Gelegenheit für junge Leute zu gefallen und aufzufallen! Die zeitlose authentische Tracht wird daher oft als verstaubt abgetan und verschmäht.

Es gibt aber auch Kirwagesellschaften, die für ihre Kirwaburschen einheitlich bestickte Samt- oder Seidenwesten über weiße Hemden zu langen, schwarzen Hosen oder Lederhosen, dazu Trachtenhüte vorschreiben und von den Kirwamoidln verlangen, dass sie am Sonntag in die Kirche und zum Tanz um den „Kirwabaam“ lange Dirndln oder authentische Tracht aus Bluse, Mieder, Rock, Schürze und passendem Schultertuch anziehen. Für sie ist es wichtig, die Kirwahochburg Amberg-Sulzbach mit ihrer Kirwakultur und den Bräuchen in traditioneller Kleidung zu präsentieren.

Tracht ist geschichtsträchtig. Sie hat sich aus dem Bauernstand entwickelt und wurde im Amberg-Sulzbacher Land von der Religionszugehörigkeit beeinflusst. Unterschiede gab es in Farbe, Material und Form. Der katholische Mann trug zur Kniehose und dem langen „Rock“ eine scharlachrote oder geblümte Weste aus Samt und Seide, dazu den niederen runden Hut mit breiter Krempe, den „Köichlhout“. Dunkles Leinen und das zylinderförmige „Oberpfälzer Hütl“ mit Filigranschnalle kennzeichnete den Protestanten. Bei der Frauentracht mit Jacke waren bunte Stoffe und eine abgerundete Bänderhaube typisch katholisch. Dunkle Farben und ihre spitze Haube wiesen auf eine protestantische Trägerin hin. Junge, ledige Mädchen schmückte das „Kranl“ und Frauen aus Orten mit Marktrecht zierte die Riegelhaube.

Es gibt Moidln, die schneidern sich ihr „Kirwagwand“ nach den historischen Vorbildern. Dabei stecken sie viel Handarbeit und Kreativität in die Ausführung. Der Schnitt der Tracht ist vom Bezirk vorgegeben, doch das Stoffmaterial und die Farben der Röcke, Mieder und Schürzen können ganz nach Geschmack und Geldbeutel gewählt werden, so dass jedes Kleidungsstück ein Unikat ist. Auch die Verzierungen und der Ausputz mit Bordüren, Glasperlen, Bändern oder Stickereien, Spitzen, Knöpfe oder Silberschnüre unterstreichen diese Einmaligkeit. Handarbeitliches Geschick erfordern die aufwendigen Oberpfälzer Mieder mit Schnürlsteppereien. Der Rock dazu hat ein Kittelblech, wird gestiftelt oder in Falten gelegt, wobei mindestens drei Meter Stoff verarbeitet werden, damit er beim Tanzen weit schwingt und ist knöchel- bis wadenlang. Jede schwungvolle Drehung zeigt reizvoll, dass zur Tracht ein Unterrock und eine knielange Spitzenhose gehören. Den Abschluss der Oberpfälzer Tanztracht bilden ein geschlossener schwarzer Lederschuh mit kleinem Absatz und schwarze oder weiße Spitzenstrümpfe.

So ein „Kirwagwand“ unterstreicht nicht nur Anmut und Bodenständigkeit der Kirwamiodln und –boum sondern zeugt auch vom Wertebewusstsein und Glaubwürdigkeit der Kirwaleit bei ihrer Brauchtumspflege und hält zudem bayernweit jeden Vergleich stand.

Deswegen: Besondere Feste wie die Kirwan sind es wert, in der überlieferten Tracht als „Festtagsgwand“ zu feiern!